Das Parlament hat ein neues Gesicht
In den letzten Wochen ging die erste ordentliche Session seit Ausbruch der Coronakrise über die Bühne. Hat die Pandemie einen negativen Einfluss auf die Umweltanliegen im Parlament? Wenig spricht dafür: Vielmehr zeigt sich das Gesicht des neuen, grüneren Parlaments.

Um genügend Abstand untereinander einhalten zu können, fand die Session – wie bereits die ausserordentliche zuvor – in der Berner Expohalle statt. Nebst anderen Umweltgeschäften stand im Nationalrat das C02-Gesetz auf dem Programm.
CO2-Gesetz
Eines der zentralsten Nationalratsgeschäfte im Umweltbereich war das CO2-Gesetz, mit welchem das Pariser Klimaabkommen umgesetzt werden soll. Noch in der letzten Legislaturperiode scheiterte das Gesetz auch an der Verwässerungstaktik der bürgerlichen Mehrheit, namentlich der FDP und der SVP.
Diesmal machte sich jedoch das grünere Parlament bemerkbar. Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2030 um 50 Prozent unter das Niveau von 1990 sinken. Auch verschärfte der Nationalrat das Geschäft des Bundesrates in einigen Punkten. Bundesrat, Ständerat und eine Mehrheit der Kommission wollten 60 Prozent der Reduktionen durch Massnahmen im Inland umsetzen. Die grosse Kammer ist nun der Kommissionsminderheit gefolgt und hat den Wert gar auf 75 Prozent korrigiert. Parlamentarier*innen von CVP bis Grünen verschafften der Verschärfung eine Mehrheit.
Auch der Verkehr war Gegenstand der Session. So wurde beispielsweise eine Abgabe von 12 Rappen pro Liter Benzin und Diesel beschlossen. Der neue Wert gilt ab 2025, bis dann sollen es 10 Rappen sein. Während sich Teile der FDP dafür aussprachen, waren gerade auch Vertreter der CVP dagegen.
Zu weit gingen der Mitte ausserdem strengere Vorschriften für Neuwagen. Abgelehnt haben deren Vertreter einen Antrag aus der Ratslinken, nach dem Neuwagen ab 2030 noch einen durchschnittlichen CO2-Ausstoss von 20g pro Kilometer haben dürften. Aus der Ratsmitte stimmten nur Martin Landolt und die EVP dafür.
Ein Umdenken gab es auch bei der Flugticketabgabe: Während in der letzten Session ähnlich gelagerte Vorstösse noch abgelehnt wurden, fand sie nun eine komfortable Mehrheit. Auch Mitglieder*innen der FDP stimmten grossmehrheitlich dafür – wohl auch wegen dem Druck aus der eigenen Basis.
Nun geht das Gesetz zurück in den Ständerat, der die Anpassungen gutheissen muss und selber wieder Änderungen vornehmen kann. Die SVP ist unterdessen die einzige Partei, die das C02-Gesetz als solches Bekämpft und hat angekündigt, das Referendum zu ergreifen.
Forschung zu erneuerbaren Energien
Ebenfalls eine ökologische Komponente hatte das Geschäft zu den Forschungsgelden für das Swiss Energy Research for the Energy Transition. Der Bundesrat will das SWEET-Programm mit knapp 140 Millionen Franken über 12 Jahre hin unterstützen. Die Mehrheit entschied sich jedoch dafür, dass der Betrag bereits in den nächsten acht Jahren ausbezahlt werden soll. Daher müssen in acht Jahren erneut Gelder gesprochen werden. Der Entscheid fiel deutlich mit 104 zu 85 Stimmen.
Verkaufsverbot von invasiven Neophyten
Komplett unumstritten war eine Motion von Nationalrätin Claudia Friedl (SP/SG). Sie verlangt ein Verbot des Verkaufs von invasiven Neophyten, also von nicht einheimischen Pflanzen, welche die lokale Faune bedrohen. Zu diesen gehören beispielsweise der Sommerflieder oder der Kirschlorbeer. Der Bundesrat erarbeitet zurzeit ein Gesetz, welches das Anpflanzen verbieten will – der Verkauf wäre aber weiterhin erlaubt. Die Motion wurde zur Annahme empfohlen. Da im Nationalrat niemand einen Gegenantrag gestellt hat, wurde die Motion stillschweigend angenommen. Das Geschäft geht nun in den Ständerat.

Bienensterben
Die kleine Kammer verlangt vom Bundesrat, rasche Massnahmen gegen das Bienen- und Insektensterben zu ergreifen. Sie nahm eine Motion aus Kreisen der BDP als Zweitrat an. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga bekräftigte schnelles Handeln von Bundesrat und Verwaltung.
Das Bienensterben ist ein grosses Problem für die Biodiversität. Betroffen ist nicht nur die Honigbiene, sondern unzählige Wildbienen.
Weitere Geschäfte
Der Ständerat verlangt vom Bundesrat als Zweitrat eine effiziente Integration von erneuerbaren Energien ins Stromnetz. Sonst droht ein Anstieg der Netztarife aufgrund der Netzintegration der Fotovoltaik. Gleichzeitig verlangen die beiden Räte eine Vereinfachung der Administration beim Bau von Solaranlagen. Für Baubewilligung, Förderung und Anschlussbewilligung herrscht aktuell eine komplexe bürokratische Situation. Die Simplifizierung soll ausserdem Überschneidungen vermeiden.
Wie der Nationalrat will auch der Ständerat zudem, dass der Bund nach Möglichkeiten im Hoch-, Tief- und Strassenbau Recycling-Baustoffe verwendet. Daneben sollen oxo-abbaubare Kunststoffe verboten werden, d.h. Kunststoffe, welche durch Oxidation schneller abgebaut werden. Da der rasche Abbau dieses Materials Mikroplastik freisetzt, will die EU diese Kunststoffe bis 2021 verbieten.
Der Nationalrat hat nun als Zweitrat einstimmig eine Gesamtstrategie für die Anpassung des Waldes an den Klimawandel gefordert. Der Ständerat hat die Motion bereits in der Wintersession angenommen.
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